Kritik der Kritik
In ihrer langen Geschichte sah sich die Kritische Theorie immer wieder mit Kritik aus verschiedenen Denkrichtungen und konträren politischen Lagern konfrontiert. Warum und worüber Karl Popper, Arnold Gehlen und Niklas Luhmann sich mit der Frankfurter Schule stritten
KARL POPPER
Der sogenannte „Positivismusstreit“ war eine der meistbeachteten Debatten der Soziologie im Nachkriegsdeutschland. Aufgekommen war er zunächst zwischen Theodor W. Adorno und Karl R. Popper, nachdem dieser auf der Tübinger Arbeitstagung im Jahr 1961 einen Vortrag über die „Logik der Sozialwissenschaften“ gehalten hatte. Darin vertrat der österreichischbritische Philosoph die von ihm begründete Theorie des Kritischen Rationalismus. Dessen Grundgedanke ist die Einheit der Methode in Naturund Sozialwissenschaften, also die Annahme, dass Aussagen in den Sozialwissenschaften – wie in der Naturwissenschaft – falsifizierbar sein müssen. Popper lehnt Aussagen ab, die sich auf eine gesellschaftliche Totalität beziehen und damit nicht falsifizierbar sind. Adorno hingegen sieht darin die Gefahr des Positivismus. Für ihn ist die Aufgabe der Sozialwissenschaften, genau diese gesellschaftliche Totalität zu beschreiben und aufzudecken. Nur durch die Erkenntnis der zugrunde liegenden Struktur der Gesellschaft kann diese kritisiert und schließlich überwunden werden. Die Widersprüche liegen für ihn nicht im Begriff der Totalität, sondern vielmehr in der Gesellschaft selbst begründet. Wer diese nicht aufdecke, bekämpfe lediglich die Symptome einer dysfunktionalen Gesellschaft. Popper zog sich schnell aus dem Streit zurück und überließ seinem Mitstreiter Hans Albert das Feld. Grund dafür war vor allem der Vorwurf des Obskurantismus, den er gegen Adorno und später auch Habermas richtete: Mit ihrer voraussetzungsreichen Sprache würden diese Sachverhalte bewusst verklären, anstatt sie verständlich machen zu wollen. •
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