Unsinn als Protestform
Was, wenn unser Gegenüber mit Argumenten nicht zu überzeugen ist? US-Aktivisten versuchen Verschwörungstheoretiker nun mit ihren eigenen Mitteln zu schlagen.
Wenn dieser Tage Coronaleugner, religiöse Fundamentalisten oder Flachweltler in den USA zu Demonstrationen aufrufen, treffen sie häufig auf Mittzwanziger, die Schilder in die Luft halten, auf denen absurde Thesen stehen, wie „Tauben lügen“ oder „Informiert euch über Vogelspionage“. Fragt man die jungen Demonstranten, was es mit diesen Aussagen auf sich hat, erzählen sie Folgendes: Die amerikanische Regierung hätte in den 1960er-Jahren alle Vögel getötet und durch identisch aussehende Drohnen ersetzt. Diese würden seitdem die Bevölkerung ausspähen. Dass diese Vogelverschwörung frei erfunden ist, wissen sie selbst. Was also soll der Unsinn? Die US-amerikanische Protestbewegung Birds Aren’t Real (dt. Vögel gibt es nicht) versucht, Verschwörungsmythen zu bekämpfen, allerdings weder mit Informationen noch mit Argumenten, sondern im Gegenteil mit noch mehr Verschwörungsmythen.
Fakten im Zerrspiegel
Die Regeln des rationalen Diskurses brechen sie dabei bewusst. Mit ihren abwegigen Aussagen missachten Birds Aren’t Real- Demonstranten die vier Maximen für ein rationales Gespräch, die der Sprachphilosoph Herbert Paul Grice so zusammenfasst: Biete weder zu viel noch zu wenig Information. Sage nichts, was du für falsch hältst. Bleib beim Thema. Vermeide Mehrdeutigkeit. Grice nahm an, wir würden diese Grundsätze gemeinhin befolgen und dasselbe von unserem Gegenüber erwarten. Wer behauptet, es gäbe keine Vögel, tut offenkundig das Gegenteil. Die Unterstützer von Birds Aren’t Real unterstreichen allerdings, dass sie es nur den Verschwörungstheoretikern gleichtun. Ihr vermeintlicher Spaßprotest verfolgt ein ernstes Ziel: Verschwörungsgläubigen den Spiegel vorhalten, damit sie ihre eigene Absurdität erkennen. •