Die Kunst, immer Recht zu behalten: Kniff Nr. 13
Hitzige Debatten am Familientisch sind zu Weihnachten keine Seltenheit. Was es da braucht, ist argumentatives Geschick. Die Kunst ist schließlich, nicht nur Recht zu haben, sondern die anderen auch davon zu überzeugen. Unser Adventskalender hält 24 Kniffe bereit, die schon die großen Denker für sich nutzten. Heute: Spielen Sie den Unverstandenen!
Das Verfahren
Zu Sätzen, die Ihrem Gegenüber ganz sicher nicht gefallen werden, gehört die Bemerkung: „Ich fürchte, Sie haben mich nicht verstanden.“ Damit unterstellen Sie ihm nämlich einen Mangel an Intelligenz und Aufmerksamkeit. Bei der Ausführung dieser Zermürbungstaktik gehen sie folgendermaßen vor: Tragen Sie Ihre Ansicht vor. Hören Sie sich das Gegenargument an. Dann weisen Sie auf den Verständnisfehler hin und beziehen erneut Position. Allerdings vertreten Sie nun eine dezent abgewandelte These. Beispielsweise halten Sie Drohneneinsätze für ein angemessenes Mittel zur Terrorbekämpfung. Ihr Gegner wird vermutlich einwenden, dass der Krieg damit zur Menschenhatz ohne jede Rechtsgrundlage verkommt. Ihre Antwort sollte lauten: „Ich habe nun eben nicht behauptet, dass der Einsatz von unbemannten Kampfflugzeugen rechtlich unumstritten ist. Sondern ich halte es für legitim, dass Waffen zum Einsatz kommen, ohne dass derjenige in Lebensgefahr gerät, der die Waffe bedient.“ Vergessen Sie am Ende keinesfalls den Satz: „Ich gehe nicht davon aus, dass Sie mich jemals verstehen werden.“ Damit müssten Sie Ihren Widersacher eigentlich erledigt haben. Rousseau zumindest hielt große Stücke auf diese Strategie: „Ihr werdet mich niemals verstehen! Denn Ihr haltet mich für einen Wilden.“ (Rousseau richtet über Jean-Jacques, 1774)
Die Abwehr
Wenn Ihr Gegner Sie für dumm verkaufen will, weisen Sie ihn darauf hin, dass die Ursache Ihrer Verständnisschwierigkeiten nur in der mangelhaften Klarheit seiner Ausführungen liegen kann. Und nebenbei bemerkt – Rousseau, der dafür bekannt war, den Unverstandenen zu geben, hatte, sobald es ihm passte, auch die gegenteilige Vorgehensweise im Repertoire. In seinen Betrachtungen über die Regierung Polens von 1771 empfiehlt er: „Um die Verwirrungen und Umständlichkeiten in einem Vortrag ein wenig abzukürzen, sollte man jeden Redner auffordern, im ersten Satz sein Anliegen eindeutig zu benennen.“ •