Christoph Menke: „Wir müssen Individualität und Gemeinschaft miteinander verbinden“
Da, wo wir selbstbestimmt und unberührt von gesellschaftlichen Zwängen entscheiden können, so eine weitverbreitete Annahme, sind wir frei. Nicht so für Hegel. In seiner Philosophie sind Freiheit und Recht untrennbar miteinander verwoben. Ein Interview mit Christoph Menke.
Philosophie Magazin: Herr Menke, als Philosoph, der sich sowohl mit rechtsphilosophischen Fragestellungen als auch mit Hegels Werk beschäftigt: Was ist das Besondere an Hegels Rechtsphilosophie?
Christoph Menke: Der besondere und auch die folgende Philosophie stark bestimmende Zug der Rechtsphilosophie liegt darin, dass sie normative Fragen – wie etwa „Was ist das Gerechte?“, „Was ist das Gute?“ oder „Was ist das Richtige?“ – mit der Frage nach dem historisch Gegebenen verbindet. Damit hat Hegel eine neue Methode, über diese normativen Fragen nachzudenken, auf den Weg gebracht, die sie mit dem, was später als Gesellschaftstheorie bezeichnet wird, verbindet. Es gibt bei Hegel keine Theorie der Gerechtigkeit, des Richtigen oder Guten ohne eine Theorie der existierenden, historisch gewordenen sozialen Wirklichkeit. Diese Verbindung von Gerechtigkeitstheorie und Gesellschaftstheorie, die eine ganze Denktradition – von Marx bis Butler, Honneth und Foucault – prägen sollte, beginnt mit den „Grundlinien der Philosophie des Rechts“.
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Lieber Etienne, lieber Christoph…
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Ein deutscher und ein französischer Philosoph debattieren über den Krieg: Christoph Menke hat einen Appell unterzeichnet, der sich für einen sofortigen Waffenstillstand in der Ukraine einsetzt. Etienne Balibar begründet im Mailaustausch mit Menke, warum er nicht unterzeichnet, aber einzelne Aspekte ähnlich sieht. In seiner heutigen Antwort skizziert Balibar, warum „wir“ längst Teil des Krieges sind und es die moralische Pflicht der UNO ist, zwischen den Parteien zu vermitteln.

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Ein deutscher und ein französischer Philosoph debattieren über den Krieg: Anlass ist ein Appell, in dem bekannte Persönlichkeiten einen sofortigen Waffenstillstand in der Ukraine fordern. Christoph Menke ist einer der Unterzeichner und hat Etienne Balibar gefragt, ob er sich dem Appell ebenfalls anschließen will. Unter den beiden Denkern entspinnt sich ein Mailwechsel: In einer ersten Antwort begründet Balibar, warum er viele Sorgen teilt, aber dennoch nicht unterzeichnen möchte. Die Reaktion Christoph Menkes lesen Sie hier.

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