Revolution statt Reform
Kämpfer der Gleichheit berufen sich gern auf Marx. Zu Unrecht, meint Branko Milanović . Denn Arbeiteraktivismus und Gewerkschaftsreformen sind für Marx nur Mittel zum Zweck. Das wahre Anliegen ist der Systemwechsel.
Oft wird angenommen, dass Marx ein Denker der Gleichheit war. Dies geschieht meiner Meinung nach nicht durch das Lesen von Marx (das tun nur wenige), sondern durch eine einfache Extrapolation. Nach dieser weitverbreiteten und etwas naiven Sicht auf die Welt befürwortet die Rechte Ungleichheit, einen kleinen Staat sowie fast keine Umverteilung und die Linke das Gegenteil. Je weiter man sich in Richtung der extremen Linken bewegt, desto wahrer muss diese zweite Position sein. Und da Marxisten als extreme Linke gelten, müssen sie noch stärker für Gleichheit sein als die anderen Linken.
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Weitere Artikel
Die Macht der Unterschiede
Was bedeutet Gleichheit, und wie kommen wir ihr näher? Branko Milanović, Thomas Piketty, Michael J. Sandel und Jule Govrin sondieren die Lage.

Das Ende der Stellvertretung und die direkte Zukunft der Demokratie
Die repräsentative Demokratie lässt das Projekt der Aufklärung unvollendet. Statt selbst über unsere undelegierbaren Angelegenheiten zu entscheiden, setzen andere für uns Zwecke. Ein Plädoyer für den Ausbruch aus der institutionalisierten Unmündigkeit und mehr direkte Demokratie von Andreas Urs Sommer.

Schätze und Irrtümer
Von Krisen und Ungleichheit bis zur Forderung nach einem Systemwechsel – unsere Zeit bietet viele Anknüpfungspunkte für die Beschäftigung mit Marx. Prominente Personen erzählen, welche Erkenntnisse, aber auch Trugschlüsse sie mit ihm verbinden

Bruno Leipold: „Marx’ zentrales Anliegen ist die Freiheit“
Wird Politik im Kommunismus überflüssig? Nein, meint Bruno Leipold, der das Bild vom antipolitischen Marxismus zu widerlegen sucht. Ein Gespräch über Marx als Republikaner, die Pariser Kommune und darüber, wie eine wirkliche Herrschaft des Volkes aussehen könnte.

Die neue Ausgabe: Karl Marx
Für die einen ist Karl Marx Visionär der Freiheit, für die anderen Wegbereiter repressiver Systeme. Wie viel Marx brauchen wir heute? Die neue Sonderausgabe blickt kritisch auf Licht- und Schattenseiten eines Denkers, der keine Utopien bieten wollte, sondern das Werkzeug zur radikalen Kritik der Gegenwart.
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Und woran zweifelst du?
Wahrscheinlich geht es Ihnen derzeit ähnlich. Fast täglich muss ich mir aufs Neue eingestehen, wie viel Falsches ich die letzten Jahre für wahr und absolut unumstößlich gehalten habe. Und wie zweifelhaft mir deshalb nun alle Annahmen geworden sind, die auf diesem Fundament aufbauten. Niemand, dessen Urteilskraft ich traute, hat den Brexit ernsthaft für möglich gehalten. Niemand die Wahl Donald Trumps. Und hätte mir ein kundiger Freund vor nur zwei Jahren prophezeit, dass im Frühjahr 2017 der Fortbestand der USA als liberaler Rechtsstaat ebenso ernsthaft infrage steht wie die Zukunft der EU, ich hätte ihn als unheilbaren Apokalyptiker belächelt. Auf die Frage, woran ich derzeit am meisten zweifle, vermag ich deshalb nur eine ehrliche Antwort zu geben: Ich zweifle an mir selbst. Nicht zuletzt frage ich mich, ob die wundersam stabile Weltordnung, in der ich als Westeuropäer meine gesamte bisherige Lebenszeit verbringen durfte, sich nicht nur als kurze Traumepisode erweisen könnte, aus der wir nun alle gemeinsam schmerzhaft erwachen müssen. Es sind Zweifel, die mich tief verunsichern. Nur allzu gern wüsste ich sie durch eindeutige Fakten, klärende Methoden oder auch nur glaubhafte Verheißungen zu befrieden.
Rahel Jaeggi: „Ideologien sind nur praktisch zu überwinden“
Noch immer leben wir im Kapitalismus. Ist Marx’ Geschichtsbild damit widerlegt? Nein, meint die Philosophin Rahel Jaeggi im Gespräch. Denn bereits Marx sah, dass gesellschaftliche Krisen unterschiedliche Ausgänge nehmen können.

Zum Tod des Philosophen Gernot Böhme
Der bedeutende Phänomenologe Gernot Böhme ist am Donnerstag unerwartet verstorben. Ein Nachruf von Svenja Flaßpöhler.
