Die Sache mit der Glatze
Die Konfrontation mit dem Mangel führt oft zu kläglichen Kompensationen. Nur wer die Unumkehrbarkeit des Weniger kompromisslos anerkennt, hat das Zeug zum Trendsetter, meint unser Kolumnist Wolfram Eilenberger.
Es kommt die Zeit im Leben (eines fast jeden Mannes), da es heißt, sich einem auf Sicht irreversiblen Mangel zu stellen. Konkret: der zunehmenden Ausdünnung des Haupthaares. Selten vollzieht sich der Ausfall abrupt, vielmehr auch hier schleichend, bis die unbesetzten Stellen und Defizite, über Jahre oder Jahrzehnte öffentlich versteckt oder auch nur privat verdrängt, schließlich für niemanden mehr zu leugnen sind.
Was also tun? Zumal in einer Situation, da die Wissenschaft für das infrage stehende Phänomen – vergleichbar sonst nur Problemen der Metaphysik („Warum ist überhaupt etwas und nicht vielmehr nichts?“) – wirklich tragfähige Lösungen seit mehreren Jahrtausenden schuldig bleibt? Was tun, zumal in einer Gegenwart, die uns ganz allgemein immer deutlicher im Zeichen zu verwaltenden Mangels entgegentritt?
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Kommentare
Ich liebe es, wie Eilenberger schreibt! Dieser kindlich-spielerische Umgang mit Gedanken - das ist das wahre Spielen! Ganz nach Winnicott!