Étienne Klein: „Diejenigen, die behaupten, man solle sich in diesem Konflikt neutral verhalten, bringen mich zur Verzweiflung“
Wie hat der Krieg in der Ukraine das eigene Leben und Denken beeinflusst? Der Philosoph Étienne Klein beschreibt einen Schock, der seine Perspektive auf Gewalt veränderte.
Ich gehöre einer Generation an, die lange Zeit davon überzeugt war, dass Europa endlich wirksame Gegenmaßnahmen gegen die Ausübung brutalster Gewalt gefunden hatte. Das Ende des Kalten Krieges hatte die Idee eines langen Friedens, der auf stabilen friedlichen Beziehungen zwischen nunmehr demokratisch gesinnten Nationen beruht, wieder aufgewärmt. Am 24. Februar 2022 entdeckte ich das Ausmaß meiner Naivität: Selbst in Europa haben wir keineswegs mit der Gewalt abgeschlossen. In mir wich die Verleugnung plötzlich dem Entsetzen und das Entsetzen der Traurigkeit. Eine anhaltende Traurigkeit, die immer wieder von der Feststellung genährt wurde, dass Krieg die Regel und Frieden nur eine scheinbare, höchst instabile Erscheinung ist. Daher ist jeder Frieden von heute dazu verurteilt, sich später in eine weitere Zwischenkriegszeit zu verwandeln. Das war ein Schock.
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