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Bild: DorianKBandy (CC BY-SA 4.0)

Essay

Poppers vergiftetes Erbe

Charlotte Sleigh veröffentlicht am 16 Dezember 2021 14 min

Der Philosoph Karl Popper sah im Falsifikationsprinzip ein Kernelement wissenschaftlichen Arbeitens. Doch impliziert dieses nicht nur eine problematische Trennung von Forschung und Ethik, sondern wurde in den letzten Jahrzehnten auch zunehmend von Klimawandelleugnern oder Impfskeptikern missbraucht – mit fatalen Folgen.

 

Fragt man philosophisch imprägnierte Forscher, wieso Wissenschaft funktioniert, werden sie sich – zumindest im englischsprachigen Raum – meist auf den Philosophen Karl Popper (1902–1994) berufen. Wissenschaft, werden sie einem erklären, maßt sich nicht an, die letzten Antworten auf alle Fragen zu liefern, sondern gibt sich mit dem Widerlegen zufrieden. Sie ist ein unerbittliches Instrument zur Ausmerzung falscher Thesen. Popper verlebte seine Jugend unter der liberalen Intelligenzija Wiens. Sein Vater war Anwalt und Büchernarr und eng mit Sigmund Freuds Schwester Rosa Graf befreundet. Anfangs zog es ihn zur Musik, Tischlerei und Pädagogik, 1928 schloss er dann an der Universität Wien mit einer Promotion in Psychologie ab. Mit Blick auf eine akademische Stelle im Ausland, die es ihm erlauben sollte, dem zunehmend antisemitischen Österreich zu entfliehen (Popper war protestantisch getauft, doch seine Großeltern waren Juden gewesen), beeilte er sich, mit seinem ersten Buch fertig zu werden. In der 1935 veröffentlichten Logik der Forschung stellte er seine Methode der Falsifikation vor: Wissenschaft, schrieb er, bestehe im Aufstellen von Hypothesen und dem Versuch, sie zu widerlegen. Das könne nur durch experimentelle Prüfung geschehen. Ist eine Hypothese aber erwiesenermaßen falsch, müsse sie auch aufgegeben werden. Darin unterscheide sich Wissenschaft von Pseudowissenschaft: Letztere versuche immer, ihre Theorie durch Frisieren gegen Widerlegung zu immunisieren. Doch in der Wissenschaft gelte alles oder nichts.

Popper warnte Wissenschaftler, ihre Theorien nie als richtig hinzustellen. Der Wahrheit einer Hypothese könne man sich durch experimentelle Prüfung und Bestätigung lediglich sukzessive annähern. Da man nach der Logik der Induktion nie jene unendliche Menge an Beweisen sammeln kann, die einem Gewissheit für alle möglichen Fälle verschaffen würde, sollte man wissenschaftliches Wissen nicht als wahr, sondern als noch nicht widerlegt oder nur vorläufig ansehen. Nach Veröffentlichung seines Buchs fand Popper dann eine Stelle in Neuseeland. Aus der Ferne verfolgte er, wie Österreich in die Hände der Nationalsozialisten fiel, und verfasste sein stärker politisch ausgerichtetes Buch The Open Society and its Enemies (1945), auf Deutsch: Die offene Gesellschaft und ihre Feinde. Kurz nach Kriegsende siedelte er nach Großbritannien über, wo er bis zu seinem Lebensende blieb.

So attraktiv das Falsifikationsprinzip aufgrund seiner Simplizität auch war, andere Philosophen konnten Poppers Wissenschaftsauffassung schnell als unhaltbar entkräften. Sie zeigten, dass es in jedem realen Versuchsaufbau unmöglich ist, hypothetische Elemente zu isolieren und einzeln zu widerlegen. Der Popularität des Popperianismus unter Wissenschaftlern tut das jedoch seit Jahrzehnten auch trotz potenziell negativer Nebenwirkungen keinen Abbruch. Wie ist das zu erklären? Die ersten Wissenschaftler, die Popper Gehör schenkten, waren Biologen, die sich in den 1930erund 1940er-Jahren im Rahmen des Theoretical Biology Club an der Universität Oxford, auf Hauspartys in Surrey und zuletzt auch in London trafen. Popper besuchte sie vor und nach dem Krieg, während sie sich an der Evolutionstheorie abarbeiteten und versuchten, Verbindungen zwischen ihren biologischen Spezialfeldern herzustellen. Besonders in der Vorkriegszeit galt Evolutionsbiologie je nach Perspektive als aufregend komplex oder als verstörend wirr. Bei der Erklärung von Evolution konkurrierten präzise mendelsche Modelle, in denen diskrete Eigenschaften qua Chromosomen-Münzwurf vererbt werden, mit obskuren statistischen Beschreibungen genetischer Charakteristika, die sich graduell über Populationen verteilen. Der führende Kopf des Clubs, Joseph Henry Woodger, hoffte unterdessen darauf, den notorisch wackligen biologischen Begriff des Organizismus philosophisch klären zu können und dabei in Poppers klärender Strenge Unterstützung zu finden.

Es ist durchaus bemerkenswert, dass Poppers lautstärkste Anhänger aus Biologie und Field Sciences kamen: John Eccles, der australische Neurophysiologe, Clarence Palmer, der neuseeländische Meteorologe, Geoffrey Leeper, ein australischer Bodenkundler, und sogar Hermann Bondi, ein österreichisch-britischer Physiker, der am spekulativen Ende der Kosmologie einzuordnen ist. Das heißt, gerade Wissenschaftler, deren Arbeit am wenigsten in Laborversuchen zu widerlegen war, orientierten sich bei der Rechtfertigung ihrer Wissenschaft an Popper. Offenbar suchten sie in ihm eine Art epistemologische Stütze. Eine umfassendere Perspektive auf dieses Rätsel liefert ein Verweis auf den „Physikneid“, der den Field Sciences manchmal zugeschrieben wird: die relativ geringe Anerkennung, die sie in wissenschaftlichen Zirkeln und in der Öffentlichkeit erfuhren. Popper schien Abhilfe gegen dieses besondere Leiden zu bieten.

Bevor wir ein bewährtes physikalisches Gesetz über den Haufen werfen, folgern wir in der Regel eher, dass an unserem Experiment etwas nicht stimmt.

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Daniel Fastner
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