Şeyda Kurt: „Wir sollten das Tabu brechen, über Hass zu sprechen“
Gefühle wie Hass haben es in der politischen Öffentlichkeit schwer. Die Autor*in Şeyda Kurt sieht das differenzierter. Im Gespräch erklärt Kurt, weshalb in manchen Formen des Hassens sogar progressives Potential liegt.
Şeyda Kurt, wird zu wenig gehasst?
Ich würde sagen, nein. Worum es mir in dem Buch geht, ist, den Hass aus der Versenkung zu holen und festzustellen, dass es ihn gibt. Wir sollten das Tabu brechen, über Hass zu sprechen. Damit meine ich nicht den Hass, über den in den letzten Jahren schon sehr viel gesprochen wurde, z. B. den rechten Hass von Pegida. Darüber schreibt zum Beispiel Carolin Emcke in ihrem Essay Gegen den Hass, in dem sie sich gegen diese rechten Bewegungen richtet. Worüber aber gar nicht gesprochen wird, ist der Hass von Menschen, die immer nur als Objekte des Hasses gehandelt werden. Menschen, die von Rassismus, von faschistischer Gewalt, von Misogynie und Queerfeindlichkeit betroffen sind. Ich denke, es kann sehr sinnvoll sein, mehr über einen strategischen, widerständigen Hass zu sprechen, der am Ende Zärtlichkeit hervorbringt. Aber ich würde in einem früheren Schritt behaupten: Vielleicht ist es erstmal sinnvoll, diesen Hass unter die Lupe zu nehmen und überhaupt anzuerkennen, dass es ihn gibt, und dass er existiert.
Wie kam es denn überhaupt zu der Idee, ein Buch über den Hass zu schreiben?
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Kommentare
Wäre für den widerständigen Hass nicht der Begriff 'Trotz' angebrachter? Als Verweigerung der Zusammenarbeit mit Unterdrückern zur Verteidigung der Würde der Unterdrückten? Dem Hass an sich etwas Positives abzugewinnen halte ich für gefährlich, nicht selten sind aus Unterdrückten selbst Unterdrücker geworden.
Wäre für den widerständigen Hass nicht der Begriff 'Trotz' angebrachter? Als Verweigerung der Zusammenarbeit mit Unterdrückern zur Verteidigung der Würde der Unterdrückten? Dem Hass an sich etwas Positives abzugewinnen halte ich für gefährlich, nicht selten sind aus Unterdrückten selbst Unterdrücker geworden.