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Bild: Chase Chappell (unsplash)

Impuls

Wer arbeitet, soll nicht essen

Moritz Rudolph veröffentlicht am 05 September 2023 4 min

Immer mehr Cafés verhängen ein Laptopverbot. Damit verraten sie das Kaffeehaus, den Geist und die Muße, im Grunde also unsere Zivilisation.

 

Wer sich zum Arbeiten in ein Café zurückziehen will, bekommt zunehmend Steine in den Weg gelegt. Vor allem in den wohlhabenden Vierteln der großen Städte wächst die Zahl der arbeitsfreien Bewirtungsräume rasant. Viele versuchen schon am Eingang, lästige Kunden abzuwimmeln, indem sie Schilder mit durchgestrichenem Notebook anbringen, die eine „Laptop-Free Zone“ ankündigen. Der Laptop, früher eine Freiheitsmaschine der digitalen Bohème, die arbeitete, wo sie wollte, wird zunehmend zum Symbol des Kulturkampfes, der die Arbeitenden von den Essenden zu scheiden versucht, wie es auch so mancher ICE-Fahrgast mit zerknirschter Miene im Bordrestaurant kundtut, sobald jemand den Laptop aufklappt: Dies sei schließlich kein Großraumbüro!

 

Du sollst nicht arbeiten

 

Man fragt sich, was für ein gestörtes Verhältnis zur Technik diese Menschen haben. Vermuten sie im Laptop den Aggressor? Oder in der Arbeit an sich? Vielleicht ist dies das Ergebnis einer mehrjährigen Kampagne zur Abschaffung der Arbeit, die vom protogrünen Tunix-Kongress 1978 über Forderungen nach einem bedingungslosen Grundeinkommen bis zu den jüngeren „Antiwork“- und „Lying-Flat“-Bewegungen in den USA und China reicht. Man will einfach nichts mehr tun, außer Buttercremetorte in sich hineinstopfen und dazu einen Espresso Macchiato schlürfen, ohne dabei von Menschen belästigt zu werden, die noch etwas anders mit ihrem Nachmittag vorhaben und Speisen und Getränke als Rohstoff nutzen, indem sie zum Beispiel einen Text schreiben oder Skizzen anfertigen und dafür einen bestimmten Sound und Duft bevorzugen, etwa das Klackern der Espressolöffel oder den Geruch von geschmolzenem Käse, garniert mit etwas Worcester-Sauce.

Die praktisch-betriebswirtschaftlichen Argumente zur Verbannung der Arbeitenden aus den Cafés – lange Sitzdauer bei geringem Verzehr und hohem Lärmaufkommen – sind nur vorgeschoben. Man könnte ja auch einen Mindestkonsum verlangen oder aggressives Reden verbieten – denn klar: Online-Konferenzen am Nachbartisch, in denen laut gestikulierend Firmenfusionen ausgehandelt werden, können spannend sein, sind aber nicht jedermanns Sache. Allerdings hätte man dann das Problem, dass die auftrumpfenden „Laptop-Free Zone“-Schilder selbst darunterfallen. Oder zornig vorgetragene Beschwerden im Bordrestaurant. Beides vermiest die Stimmung und müsste verboten werden. Aber es geht eben nicht um Umsatz oder Ruhe, sondern um einen Kreuzzug gegen die Laptoparbeit.

 

Verrat am Kaffeehaus

 

Damit verraten die Brownie-mampfenden Elektronik-Gegner übrigens die gute, alte Wiener Kaffeehaustradition, die armen Literaten ein Aufenthaltsrecht für den ganzen Tag garantierte, sofern sie nur ein Getränk bestellten. So hatten sie einen warmen Platz, angenehme Hintergrundgeräusche, kostenlose Zeitungen und konnten loslegen. Balzac freute sich immer ganz besonders auf seine Kaffeehausbesuche: „Der Kaffee kommt in den Magen und […] die Ideen rücken an wie Bataillone der Grande Armée auf einem Schlachtfeld.“ Dafür brauchte man jedoch eine gute Umgebung, eben das Kaffeehaus, in dem man bedient wird (was auch immer seltener wird) und in Gesellschaft sitzt, ohne gesellig sein zu müssen.

Dass andere hier wiederum sehr gesellig sind und das Kaffeehaus als Treffpunkt und Bühne nutzen, stört dabei nicht. Es ist sogar Teil jenes speziellen Sounds, für den man hierherkommt. Ohnehin scheinen die fröhlichen Kaffeehausbesucher nicht die Hauptgegner der Laptoparbeiter zu sein. Beide verbindet sogar eine geheime Verwandtschaft, da sie auf der Suche nach Reizen, Ereignissen und Erregungszuständen innerer (Arbeiter) und äußerer Art (Plauderer) sind. Das wirkliche Problem sind die Lauernden und Griesgrämigen, die sich nach suspekten Subjekten umsehen, denen sie eine Vorschrift machen können.

 

Unbehagen am Geist

 

Wahrscheinlich würden es die Laptophasser akzeptieren, wenn da jemand mit einem vergilbten Notizbuch sitzt, mit ernster Miene Löcher in die Luft starrt und mit einem gelben Bleistiftstummel hastig Gedanken notiert. Nur arbeitet man heute so nicht mehr. Ein Schriftsteller ohne Laptop besitzt Seltenheitswert. Ähnlich ist es mit Künstlerinnen, Designern, Wissenschaftlerinnen und anderen Malochern der kreativen Klasse, deren Glanz zusammen mit ihren Laptops aus den Cafés verschwindet.

Diese sollen offenbar Orte werden, an denen man schlemmt, verschlingt und vor sich hindämmert, ohne dass dabei etwas entsteht, auch nichts Schönes. So hat die Kampagne gegen die Arbeit, die im Café ihren Ausgang nimmt, paradoxerweise dasselbe Ziel wie die Verpönung der Nicht-Arbeit im 19. und 20. Jahrhundert, als die Bibel-Losung „Wer nicht arbeitet, soll nicht essen“ den kleinsten gemeinsamen Nenner aller Parteien bildete. Damals fürchtete man, dass zu viel freie Zeit zur Entwicklung eigenständiger Gedanken führt. Heute, da die Arbeit weitgehend überflüssig, zumindest aber anrüchig geworden ist, fürchtet man, dass diese Zeit auch tatsächlich dafür genutzt wird. In beiden Fällen geht es gegen die Muße, den selbstgewählten Zustand konzentrierter Anspannung in anregender Umgebung, sodass wir zu dem Schluss gelangen: Der Hass auf den Laptop kündet vom Unbehagen am Geist, der sich hinter der Arbeit verbringt. Wer mehr will als Kuchenessen, macht sich verdächtig. •

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