Direkt zum Inhalt
Menu Top
    loginAnmelden shopping_basketHefte kaufen assignment_addAbonnieren
Navigation principale
  • Startseite
  • Impulse
  • Essays
  • Philo.live!
  • Gespräche
  • Hefte
  • Sonderausgaben
  • Philosophen
  • Begriffslexikon
  • Bücher
  • Kulturanzeiger
rechercher
 Philosophie Magazin - Impulse für ein freieres Leben
Menu du compte de l'utilisateur
    loginAnmelden shopping_basketHefte kaufen assignment_addAbonnieren
Navigation principale
  • Startseite
  • Impulse
  • Essays
  • Philo.live!
  • Gespräche
  • Hefte
  • Sonderausgaben
  • Philosophen
  • Begriffslexikon
  • Bücher
  • Kulturanzeiger
Tag - Body

Bild: Zuma Press Wire (Imago)

Impuls

Warum warten wir, bis wir vor Hitze umkommen, bevor wir uns für Ökologie interessieren?

Clara Degiovanni veröffentlicht am 26 Juni 2025 4 min

Anlässlich der aktuellen Hitzewellen ist das Thema Ökologie in Fernsehsendungen wie Gesprächen allgegenwärtig. Warum beeinflusst die Hitze unser Verhältnis dazu so stark?

In der vergangenen Woche hat uns die erste Hitzewelle erreicht. Und wie bei jeder Hitzewelle rückt die Ökologie, die in den letzten Monaten kaum Beachtung gefunden hat, wieder in den Vordergrund – in den Medien, aber auch in unserem Leben, wenn wir mit Nachbarn und Angehörigen darüber sprechen. Dieses wiedererwachte kollektive Interesse, das überraschen, vielleicht sogar etwas lächerlich erscheinen mag, ist möglicherweise wirksamer, als wir denken.

 

Zurück zu den Sinnen


Bei Hitzewellen nimmt die Klimakrise eine physiologische Form an. Sie wird greifbar. Man spürt sie am eigenen Leib durch brennende Lungen, feuchte Haut und ein träges Gehirn. Diese physische Spürbarkeit, die der des Klimawandel mit sich bringt, machen sich einige Umweltaktivisten wie Hugo Clément strategisch zunutze, der in seinem neuen Medium „Vakita” Persönlichkeiten zu verschiedenen Experimenten (wie Singen und Sport) bei 50 Grad einlädt. Die Idee dahinter ist, den Fokus auf die Ökologie zu verlagern. Anstatt unsere Vernunft oder unsere Emotionen anzusprechen, sprechen wir direkt unsere Sinne an.

Im Alltag werden diese Sinne zu wenig beansprucht. Privilegierte Bevölkerungsgruppen, die an Klimaanlagen und isolierte Umgebungen gewöhnt und vor Regen und Kälte geschützt sind, nutzen ihre Sinnesfähigkeiten nur wenig. Die heiße, unangenehme – manchmal tödliche – Hitzewelle ist ein Stoppschild. Sie zwingt uns gewaltsam zurück zu dieser unmittelbaren Sinneswahrnehmung. Diese Rückkehr zum Körper ist zwar schmerzhaft, kann aber auch lehrreich sein. Das ist eine der sensualistischen Thesen von Diderot, der der Ansicht ist, dass die Sinne unsere Handlungen, unsere Moral und unsere Weltanschauung tiefgreifend bestimmen.

„Ich habe nie daran gezweifelt, dass der Zustand unserer Organe und unserer Sinne einen großen Einfluss auf unsere Metaphysik und unsere Moral hat und dass unsere reinsten intellektuellen Ideen, wenn ich so sprechen darf, sehr eng mit der Beschaffenheit unseres Körpers zusammenhängen.“ (Denis Diderot, Brief über die Blinden zum Gebrauch für die Sehenden, 1749)

Unser moralisches Empfinden, das heißt unsere Vorstellung von Gut und Böse, hängt also von unserem Körper und unseren Sinnen ab. Als sehende Wesen wollen wir die Schönheit der Wälder retten. Und als Lebewesen ohne Pelz spüren wir Hitze und Kälte sehr stark auf unserer Haut. Wir haben daher eine sehr geringe Toleranz gegenüber Temperaturschwankungen, was zweifellos dazu beigetragen hat, unser Interesse an der Klimaentwicklung zu steigern. Umgekehrt sind wir manchmal kollektiv blind für ganze Bereiche der Ökologie. Alles, was wir nicht sehen – zum Beispiel das, was in den Tiefen des Ozeans geschieht – ist so weit von unserem Sinnesapparat entfernt, dass wir es nicht begreifen, uns nicht aneignen oder uns darum kümmern können.

 

Eine Aufforderung zum Handeln


Unsere Sinne prägen laut Diderot nicht nur unsere Moral, sondern auch bestimmte Verhaltensweisen. Unsere Vorsicht, unsere Ängste, unsere Risikobereitschaft und unsere Gleichgültigkeit hängen von unseren Sinnesorganen ab. Ein Blinder, „der die Gefahr nicht sieht“, zögert nicht, mit „festem Schritt“ weiterzugehen, wenn er sich am Rand eines Abgrunds befindet. Wenn wir die Feinstaubpartikel, die wir einatmen, nicht sehen können, wenn die giftigen Stoffe, die wir aufnehmen, nicht wahrnehmbar sind, werden wir ungewollt besonders unachtsam. Alles, was sich unserem Sinnesapparat entzieht, neigt dazu, unserer mentalen Welt und unseren persönlichen Anliegen zu entgleiten. Auf dem Papier, abstrakt, nehmen wir es ernst, wenn wir alarmierende Artikel zu diesem Thema lesen. Aber wir haben Mühe, es mit unserem Körper zu begreifen.

Diese sehr sensualistische Definition des Menschen mag etwas entmutigend scheinen. Müssen wir erst ersticken, bevor wir uns endlich ernsthaft für Ökologie interessieren? Nicht unbedingt. Zunächst einmal, weil wir, wie Diderot präzisiert, nicht auf unsere kleine Sinneswelt beschränkt sind. Jedes Gefühl kann Ideen hervorbringen, Gedanken anregen. Der Autor des Briefes über die Blinden vergleicht in diesem Zusammenhang die „Fasern unserer Organe“ mit „schwingenden Saiten“. Wenn einer meiner Sinne angesprochen wird, beginnen andere Ideen zu vibrieren. Wir sind nicht darauf beschränkt, unsere Sinne passiv zu erdulden – wir können aus ihnen schöpfen. Die Sinne sind ein Ausgangspunkt, kein Ziel. Diese Hitze auf meinem Körper, so unerträglich sie auch sein mag, fungiert als Alarm: als dringende Aufforderung zum Handeln.

Außerdem schließen uns unsere Sinne nicht in uns selbst ein. Sie sind unser Zugang zur Welt und unsere Art, andere zu verstehen. Mit meinem Gehör kann ich die Klagen anderer hören. Mit meinen Augen kann ich sie weinen sehen. Die physischen Sinne zu schärfen ist also auch eine Möglichkeit, den moralischen Sinn zu kultivieren. Der Blinde, der daran gewöhnt ist, sein Gehör und damit sein Zuhören zu schulen, ist in der Lage, das Leiden der „Unglücklichen, die leiden können, ohne zu klagen“ zu hören, schreibt Diderot. Ebenso kann „das Bild eines weinenden Menschen“ uns nachhaltig bewegen, als wären wir selbst der Weinende. Ein anderes fühlendes Wesen zu sehen, regt uns dazu an, selbst fühlend zu sein. Aus diesem Grund werden die Berichte des IPCC immer weniger wirksam sein als der unmittelbare Anblick eines leidenden Menschen – zum Beispiel eines Menschen, der vor Hitze erstickt. •

  • E-Mail
  • Facebook
  • Linkedin
  • Twitter
  • Whatsapp
Anzeige
Tag - Body

Weitere Artikel

Impulse
3 min

Der Sommer der Ereignisse

David Lauer 08 September 2021

Im Zuge der diesjährigen Hitzewellen und Überschwemmungen war auffällig oft von Ereignissen die Rede: Wetterereignisse, Starkregenereignisse, Katastrophenereignisse. Versteht man den Begriff philosophisch, birgt er weitreichende Konsequenzen. 

Der Sommer der Ereignisse

Artikel
9 min

Darf man das noch?

18 November 2020

Wie lässt sich das eigene theoretische Engagement in Sachen Ökologie in die Praxis umsetzen? Einige Antworten darauf geben zwei Philosophen: Dominique Bourg, Professor an der Universität Lausanne, Anhänger einer „integralen Ökologie“, und Peter Singer, australischer Ethiker und Wegbereiter des Antispeziesismus.

Darf man das noch?

Artikel
7 min

Familie - Zuflucht oder Zumutung?

Wolfram Eilenberger 01 Januar 2017

Der Herd ist noch an. Es fehlen einige Gabeln sowie Tante Barbara, die wieder „im Stau“ steckt. Egal. Anfangen, „bevor das Essen kalt wird“, mahnt meine Mutter wie jedes Jahr. Vor allem aber: „Langsam essen!“ Vater hat derweil schon den zweiten Bissen im Mund. Der Neffe spielt unter der Tischplatte auf seinem Smartphone. Meine Schwester versetzt ihm dezent einen Tritt. Der Schwager zischt: „Lass ihn doch einfach!“ Dass die Flüchtlingskrise als Thema tabu ist, hatten wir im Vorfeld per Rundmail zwar ausdrücklich vereinbart, aber was interessiert das schon Onkel Ernst? Denn erstens hat er kein Internet und zweitens kein anderes Thema. Ein verzweifelter Blick auf die Uhr. Und zur Gattin. Noch 22 Stunden und 34 Minuten, bis der Zug zurück nach Hause fährt. Durchhalten. Frieden wahren. Schließlich ist heute Weihnachten. Und das hier meine Familie.


Artikel
7 min

Zeit lassen

Sandrine Alexandre 27 Juni 2025

Jeder freie Moment, jede Sekunde des Wartens will sogleich ausgefüllt werden. Damit versagen wir uns wertvolle Momente, mit denen sich vielleicht die Welt verändern lässt. Über drei Formen des Wartens.

Zeit lassen

Gespräch
20 min

Bruno Latour: „Eine Wahrheit festzuschreiben, hat seinen Preis“

Alexandre Lacroix 10 März 2021

Er war einer der einflussreichsten Philosophen der Welt. Nun ist er in Paris gestorben. In diesem Interview illustriert Bruno Latour seine Vision von Ökologie, spricht über sein ganz persönliches Verhältnis zu Krankheit und Tod und erklärt, warum er Nietzsche für einen Kirchenvater hält.

Bruno Latour: „Mit dem Begriff Natur kann man nichts anfangen“

Impulse
11 min

Der blinde Fleck - Teile der Linken und der Antisemitismus

Christoph David Piorkowski 29 November 2023

Viele postkoloniale Linke scheinen sich kaum für die jüdischen Opfer der Hamas zu interessieren. Welche Rolle spielt Antisemitismus in der Linken historisch und gegenwärtig? Eine Analyse von Christoph David Piorkowski.

Der blinde Fleck - Teile der Linken und der Antisemitismus

Impulse
2 min

Technologie der Macht: Winterspiele nur noch in Diktaturen?

Nils Markwardt 15 Januar 2015

Am 2. Oktober zog Oslo seine Bewerbung zurück. Seither interessieren sich nur noch autoritäre Staaten für die Ausrichtung der Olympischen Winterspiele 2022


Artikel
10 min

Hass – Anatomie eines elementaren Gefühls

Konrad Paul Liessmann 28 März 2023

Im September letzten Jahres fand das 25. Philosophicum Lech zum Thema Hass statt. Anlässlich des nun erschienen Sammelbandes lesen Sie hier den Eröffnungsvortrag von Konrad Paul Liessmann.

Hass – Anatomie eines elementaren Gefühls

Anzeige
Tag - Body
Hier für unseren Newsletter anmelden!

In einer Woche kann eine ganze Menge passieren. Behalten Sie den Überblick und abonnieren Sie unseren Newsletter „Denkanstöße“. Dreimal in der Woche bekommen Sie die wichtigsten Impulse direkt in Ihre Inbox.


(Datenschutzhinweise)

Jetzt anmelden!
Anzeige
Tag - Body

Fils d'ariane

  1. Zur Startseite
  2. Artikel
  3. Warum warten wir, bis wir vor Hitze umkommen, bevor wir uns für Ökologie interessieren?
Philosophie Magazin Nr.Nr. 84 - September 2025
Philosophie magazine : les grands philosophes, la préparation au bac philo, la pensée contemporaine
Oktober/ November Nr. 84
Vorschau
Philosophie magazine : les grands philosophes, la préparation au bac philo, la pensée contemporaine
Rechtliches
  • Werbung
  • Datenschutzerklärung
  • Impressum
Soziale Netzwerke
  • Facebook
  • Instagram
  • Twitter
  • RSS
Philosophie Magazin
  • Über uns
  • Unsere App
  • PhiloMag+ Hilfe
  • Abonnieren

Mit unseren Denkanstößen philosophische Ideen regelmäßig in Ihrem Postfach

Jetzt anmelden!