Welchen Sinn hat die Sinnkrise?
In der Sinnkrise entgleiten Ziele, Werte und Deutungen des Lebens. In der säkularisierten Moderne wird sie zur verbreiteten Erfahrung. Wie lässt sie sich beschreiben? Und welches Potenzial liegt in ihr?
Die Sinnfrage stellt sich drängend in Momenten der Krise. Genau dann nämlich kommt der Sinn in all seinen Bedeutungsebenen ins Rutschen. Es verdunkeln sich sowohl Ziele und Normen als auch Deutung und Wert des Lebens. Infrage steht, wonach man sein Leben ausrichten sollte, wie sich das Leben verstehen lässt und ob die Existenz oder Nichtexistenz überhaupt einen Unterschied macht. Die unterschiedlichen Bedeutungen von „Sinn“ hängen dabei zusammen – aus den Zielen und Normen ergeben sich Interpretationen des Lebens und umgekehrt; von beiden Aspekten wiederum hängt die Bewertung des Lebens ab.
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Nick Cave über Gott als Trauma
Welches Potenzial liegt in der Erfahrung des Verlustes? Im Gesprächsband Faith, Hope and Carnage spricht der Musiker Nick Cave über die metaphysischen Kräfte der Kunst – und entwickelt eine Theologie der Trauer.

Quarterlife Crisis als Chance
Die Sinnkrise, die viele Menschen in ihren 20ern ereilt, nennt sich Quarterlife Crisis. Ihr existenzialistisches Erkenntnispotenzial wird unterschätzt. Zeit für eine Umdeutung.

Die neue Sonderausgabe: Der unendliche Kafka
Auch hundert Jahre nach seinem Tod beschäftigt und berührt Franz Kafka. Fast unendlich erscheint der Interpretationsraum, den sein Werk eröffnet.
Der philosophischen Nachwelt hat Kafka einen Schatz hinterlassen. Von Walter Benjamin und Theodor Adorno über Hannah Arendt und Albert Camus bis hin zu Giorgio Agamben, Gilles Deleuze und Judith Butler ist Kafka eine zentrale Referenz der Philosophie. Überlädt man ihn damit zu Unrecht mit posthumen Deutungen? Vielleicht. Sein Werk lässt sich aber auch als Einladung lesen, seine Rätselwelt zu ergründen und im Denken dort anzuknüpfen, wo er die Tür weit offen gelassen hat.
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Braucht mein Leben ein Ziel?
Und, wie lautet Ihr Ziel im Leben? Sie haben doch eins, oder? Kaum ein Mensch, der sich dem Druck dieser Frage entziehen könnte. Sie trifft das Zentrum unserer Existenz, legt tiefste Wünsche und Hoffnungen frei – und nicht zuletzt auch Ängste. Was, wenn ich mein Ziel nicht erreiche? Was, wenn ich mein Ziel noch gar nicht kenne? Und vor allem: Was, wenn es gerade selbst gesetzte Ziele wären, die mein Leben einengen und mich unglücklich machen? In der Frage nach dem Lebensziel prallen zwei menschliche Sehnsüchte aufeinander. Die nach einem tätigen Leben in dauerhaft sinnvoller und zielgerichteter Selbstbestimmung. Und die nach einer tief entspannten Existenz in lustvoller Gelassenheit. Wie sähe wohl ein Leben aus, dessen Ziel darin bestünde, beide Ideale miteinander zu vermitteln?
Das Entgleiten der Welt
Der erste pandemisch bedingte Lockdown im Frühjahr, das zeigt eine Vorauswertung der aktuellen NAKO Gesundheitsstudie, hat hierzulande Angst, Stress und Depressionen ansteigen lassen. Kein Wunder: Ähnelt die Corona-Krise doch strukturell einer Depression.

Die Macht der Form
Donald Trumps Rede, in der er seine Wahlniederlage anerkennt, lässt nach wie vor auf sich warten. Den hergebrachten Konventionen und Formen der Machtübergabe verweigert sich der abgewählte Präsident strikt. In seiner Schrift Über die Demokratie in Amerika (1840) hat der Philosoph Alexis de Tocqueville den verbreiteten Widerwillen gegen die Form klar benannt – und gleichzeitig auf deren unverbrüchlichen Wert hingewiesen. Formen sind Mechanismen des Triebaufschubs und der Kontrolle. Im privaten wie auch im politischen Raum. Hier ein Textauszug.

Ludger Schwarte: „Farbe ist immer anarchisch“
Lange Zeit wurde die Farbe in der Philosophiegeschichte ausgeklammert. Ein Unding, wie Ludger Schwarte in seinem neuen Buch Denken in Farbe erläutert. Schließlich eignen wir uns die Welt nicht nur durch Farben an, sondern sie besitzen auch ein subversives Potenzial.

Das Ideal der Intensität
Man kennt es aus Filmen und Romanen: Die Frage nach dem Lohn des Lebens stellt sich typischerweise erst im Rückblick. Als Abrechnung mit sich selbst und der Welt. Wenn das Dasein noch mal vor dem inneren Auge vorbeifliegt, wird biografisch Bilanz gezogen: Hat es sich gelohnt? War es das wert? Würde man alles wieder so machen? Dabei läge es viel näher, die Frage, wofür es sich zu leben lohnt, nicht so lange aufzuschieben, bis es zu spät ist, sondern sie zum Gradmesser von Gegenwart und Zukunft zu machen. Zum einen, weil sie so gegen spätere Reuegefühle imprägniert. Wer sich darüber im Klaren ist, was das Leben wirklich lebenswert macht, wird gegenüber dem melancholischen Konjunktiv des „Hätte ich mal …“ zumindest ein wenig wetterfest. Zum anderen ist die Frage als solche viel dringlicher geworden: In dem Maße, wie traditionelle Bindungssysteme an Einfluss verloren haben, also etwa die Bedeutung von Religion, Nation und Familie geschwunden ist, hat sich der persönliche Sinndruck enorm erhöht. Wofür lohnt es sich, morgens aufzustehen, ja, die Mühen des Lebens überhaupt auf sich zu nehmen? Was genau ist es, das einem auch in schwierigen Zeiten Halt verleiht? Und am Ende wirklich zählt – gezählt haben wird?