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Bild: Newscom / SCMP (Imago)

Impuls

Nach der Postmoderne: Was gibt es Neues im 21. Jahrhundert?

Moritz Rudolph veröffentlicht am 28 Januar 2025 6 min

Das Jahrhundert schreitet unaufhörlich voran. Zeit für eine Zwischenbilanz: Hat es einen eigenen Charakter entwickelt? Vielleicht sogar einen Denkstil? In dieser Reihe stellen wir Philosophien, Theorien und Denkansätze vor, die uns zeittypisch und neu erscheinen.

 

Lesen Sie hier die bisherigen Texte der Reihe:
• Neuer Realismus – Der Mensch ist kein Idiot
• Experimentelle Philosophie – Der Stuhl muss brennen
• Nikita Dhawan: „Wir tragen das Erbe des Kolonialismus in uns“
• Katharina Hoppe: „Die Neuen Materialismen wollen mit dem Anthropozentrismus brechen“
• Jens Soentgen: „Die Neue Phänomenologie will die durchschnittliche Lebenserfahrung möglichst genau darstellen“

 


 

Es ist gar nicht so leicht zu sagen, wann das 21. Jahrhundert begonnen hat. Bei der Absteckung der Säkula gehen Historiker nämlich gern großzügig vor, weil sie nicht nach runden Zahlen suchen, sondern nach Charakterbrüchen. So lassen sie etwa das „lange 19. Jahrhundert“ von 1789 bis 1914 dauern, vom Auftakt des bürgerlichen Zeitalters bis zum Ausbruch des Weltbürgerkrieges.

Sucht man nach einem vergleichbar einschneidenden Datum, mit dem das 21. Jahrhundert begonnen hat, stößt man auf das Jahr 1989. Hier fiel die Mauer, endete der Kalte Krieg und damit das „Zeitalter der Ideologien“. Es begann die Epoche der ungebremsten Globalisierung, das Zusammenrücken der Welt durch Handel und Telekommunikation. Man könnte aber auch das Jahr 1979 zum Ausgangspunkt nehmen, als Deng Xiaoping eine Wirtschaftswende in China einleitete und Margaret Thatcher mit ihren neoliberalen Reformen begann. Der Kapitalismus unserer Tage trägt britisch-chinesische Züge, die im Jahr 1979 entstanden. Zur selben Zeit übernahm der Ayatollah Khomeini die Macht in Teheran und leitete den Aufstieg des Islamismus ein, manche sagen: das postsäkulare Zeitalter überhaupt. Und ebenfalls 1979 marschierte die Sowjetunion in Afghanistan ein, was nicht klappte und zehn Jahre später zum Zusammenbruch des Ostblocks führte. 1979 endete eine alte Welt und eine neue begann – das 21. Jahrhundert.

 

Skepsis und Chaos

 

Noch schwieriger wird es, den Anfang zu bestimmen, wenn wir nicht politische Ereignisse, sondern gesellschaftliche Strukturen untersuchen. Wann hat da das 21. Jahrhundert begonnen? Mit der Globalisierung? Der Erfindung des Computers, des Internets? Oder mit der Feststellung, dass die Rohstoffe endlich sind und die Erdatmosphäre sich allmählich aufheizt? Oder mit dem, was Soziologen als Wertewandel bezeichnen, hin zu mehr Selbstverwirklichung, Geschlechtergerechtigkeit, Nachhaltigkeit und einer angenehmen Stimmung?

Beinahe unmöglich wird die exakte Datierung auf dem Gebiet der Denkstile. Hier ist es vielleicht am geschicktesten, das 21. Jahrhundert ex negativo zu bestimmen: In Absetzung vom 20. Jahrhundert, das als letzte große Regung, als es schon ein wenig müde geworden war von den Abenteuern seiner Jugend, die Postmoderne hervorgebracht hat. Die Postmoderne war eine schillernde Skeptikerbewegung, die hauptsächlich in Paris entstand (Foucault, Deleuze, Lyotard, Baudrillard, Kristeva, Cixous, Derrida), aber auch einige Dependenzen in den USA unterhielt (Rorty, Sontag, Feyerabend). Vielleicht kein Zufall, dass es sich hierbei um die beiden Hauptländer der Revolte von 1968 handelt, die einen Umsturz im Wertekanon bewirkte.

Die Postmoderne misstraute vielen Leitbegriffen des 19. und frühen 20. Jahrhunderts: Objektivität, Wahrheit, Absolutes, Essenz und Fortschritt gerieten unter Ideologieverdacht, schlimmer noch: galten als herrschaftlich kontaminiert und diktaturaffin. Den „großen Erzählungen“ von Christentum, Humanismus, Rationalismus, Vernunft, Kommunismus, Kapitalismus, (National-)Staat, Wissenschaft und Sinn rückte die Postmoderne mit Macht- und Sprachanalysen zu Leibe, um sie als Unsinn zu entlarven. Überhaupt die Sprache: Sie galt den Postmodernen als einzige, aber leider unzuverlässige Verbindung zur Realität, die kultur- und kontextabhängig erschlossen werden muss. Objektive Wahrheiten verschwinden im Meer des Zufälligen, Gewachsenen und Änderbaren. Selbst die Wissenschaft hat keinen Zugang zu Gewissheiten, da auch sie auf Sprache angewiesen ist. Im Grunde war den Postmodernen die ganze Welt ein Text. Und die Philosophie eine Dechiffriermaschine, die zugleich einen neuen Code entwickelt. Man kann die Welt nicht entschlüsseln, lediglich umcodieren. Hierfür braucht man eine Erkenntnistheorie, die am Leib geschult ist, und Ausdrucksmittel, die der Kunst verwandt sind. Wissenschaft wird Spiel und eine Feier des Chaotischen, Abweichenden und Uneindeutigen.

 

Ein nerviges Spiel

 

Manche hielten das für keine große Philosophie – oder fanden es gefährlich, gar reaktionär, eher anti- als postmodern. Dennoch ließ man die postmodernen Spieler gewähren, schließlich war das 20. Jahrhundert bis dahin viel zu ernst gewesen. Ein wenig Auflockerung tat da ganz gut. Irgendwann in den 1990er Jahren hatte sich dieses Spiel jedoch erschöpft. Die großen Protagonisten waren tot oder alt geworden, und vielen ging der unbedarfte Umgang mit der Realität allmählich auf die Nerven. Der Physiker Alan Sokal startete ein freches Experiment: Er reichte bei einer kulturwissenschaftlichen Zeitschrift ein Paper ein, das keinen Sinn ergab, verklausulierte es jedoch in einer postmodern verquasten Theoriesprache. Das Paper wurde angenommen, Sokal machte den Vorfall öffentlich, er wollte die Unsinnigkeit der Postmoderne beweisen.

Die „Sokal-Affäre“ befeuerte die sogenannten „Science Wars“ zwischen postmodern-relativistischen Machtanalytikern und Anhängern einer naturwissenschaftlich-experimentellen Suche nach Wahrheit. Letztere fand nun immer lautere Fürsprecher. Möglicherweise, weil sich drängende Fragen wie der Klimawandel nur mit genauer Feststellung von Tatsachen beantworten ließen. Möglicherweise auch, weil die Postmoderne im Kalten Krieg nützlich gewesen war, um den „wissenschaftlichen Sozialismus“ zu diskreditieren. Nun gab es diesen szientistischen Gegner nicht mehr, die Postmoderne konnte verschwinden. Als dann auch noch einer ihrer letzten großen Vertreter, Jean Baudrillard, behauptete, der Golfkrieg 1990/91 habe „nicht stattgefunden“ und der 9/11-Terroranschlag sei ein großes Kunstwerk gewesen, schüttelten die meisten nur noch den Kopf. Sie machten sich auf die Suche nach einem anderen Denken.

 

Neue Fußnoten zu Platon

 

Irgendwann in diesen Jahren – zwischen 1979, 1989 und 2001 – begann die Denkgeschichte des 21. Jahrhunderts. Dessen numerisches Jubiläum 2025 nehmen wir zum Anlass für die Frage, ob auch schon etwas von seinem Charakter erkennbar ist. Wir wollen in den kommenden Wochen Denkansätze vorstellen, die uns neu erscheinen. So richtig neu, werden Anhänger der Ewigkeitsthese sagen, ist seit dem antiken Griechenland ja eigentlich nichts. Es gebe allenfalls Fußnoten zu Platon. Aber das ist ja auch schon etwas. Und mitunter steht in den Fußnoten, wie bei einem Roman von David Foster Wallace, das Entscheidende, die eigentliche Story oder das, was man davon mitnimmt.

Wir suchen also nach neuen Fußnoten, die den Denkstil des 21. Jahrhunderts ausmachen. Dieser entwickelt sich, so unsere Vermutung, in Absetzung vom 20. Jahrhundert, vor allem von dessen letzter großer Denkleistung, der Postmoderne: Einige Bewegungen, wie der Neue Realismus, trauen sich wieder an die Wirklichkeit heran, ohne in einen naiven Szientismus zu verfallen. Andere versuchen, die Philosophie an die Naturwissenschaften anzuschließen und betreiben experimentelle Philosophie. Wiederum andere behalten den herrschaftskritischen Gestus der Postmoderne bei, wenden sich jedoch bislang vernachlässigten Bereichen zu: Der Postkolonialismus sucht nach nichtwestlichen Epistemologien, die Queer Theory löst den Unterschied zwischen Mann und Frau auf – und stellt damit, wie viele meinen, die zweiwertige Logik überhaupt infrage. Andere weiten die postmoderne Suche nach neuen Subjekten auf Nicht-Menschen aus, wie der Neue Materialismus, der Natur und Technologie ein eigenes Leben zuspricht oder zumindest einen Status als „Aktant“ in einem „Gefüge“. Die Sprache ist jedoch deutlich wissenschaftsnäher, viele Vertreterinnen kommen aus der Physik, Biologie oder Wissenschaftstheorie.

Die Neue Phänomenologie übernimmt den postmodernen Vorbehalt gegen das rationale, eigekapselte Ich-Subjekt und betreibt Atmosphärenanalysen – allerdings in einer präziseren Sprache. Eine Verwechslungsgefahr zwischen Kunst und Philosophie besteht hier nicht. Anders ist das bei der „Italian Theory“, dem Nachfolger der postmodernen „French Theory“, der ähnlich machtkritisch und essayistisch verfährt, allerdings weniger Berührungsängste mit den großen Trägersystemen des Abendlandes hat – Politik, Religion und Geschichte gelten in Italien nicht von vornherein als kontaminiert. Und die noch spärlich gesäten Vertreter der „Metamoderne“ versuchen all das und noch mehr – moderne Erkenntniseuphorie und postmoderne Skepsis, Ernst und Spiel sowie vormoderne Bestände an Gemeinschaftsgeist, Frohsinn und Magie – in eine neue Erzählung zu integrieren. Gut möglich, dass die Metamoderne eines Tages als Beitrag des 21. Jahrhunderts zur Philosophiegeschichte gilt, als präsentabelste und wichtigste Fußnote ihrer Zeit. Oder aber sie ist auch nur eine Mode, ein Ausläufer der Postmoderne, und was das Jahrhundert wirklich bestimmt, wird erst klar, wenn auch diese letzte Regung des 20. Jahrhunderts verschwunden ist. •

 

Moritz Rudolph ist Redakteur des Philosophie Magazins. Er hat Politik, Geschichte und Philosophie studiert. Sein Buch „Einheit und Zerfall. Internationale Politik in der älteren Kritischen Theorie“ erscheint demnächst bei Matthes & Seitz.

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