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Bild: John Cameron (Unsplash)

Reihe

Überwindung als Versprechen

Dieter Thomä veröffentlicht am 26 Februar 2025 5 min

Die schillernde Vorsilbe „Trans-“ zielt mit einem Gelübde an die Überwindung des Alten ins Offene. Sie will in luftige Höhen gelangen und nicht zurückblicken. Dabei scheut sie sich, so Dieter Thomä, auch nicht vor Experimenten und Ekstase.

 

Dieter Thomä ist ein Pionier der Prefix Studies. Seine wöchentliche Reihe über Avant-, Anti-, Re-, Ko-, De-, Dis-, Neo-, Spät-, Trans-, Meta-, Post- ist gleichzeitig der Countdown zu seinem Buch Post-. Nachruf auf eine Vorsilbe, das im März bei Suhrkamp erscheint.

Lesen Sie hier die bisherigen Texte der Reihe: „Avant-“, „Anti-“, „Re-“, „Ko-“, „De- und Dis-“ sowie „Neo- und Spät-“.


 

Trans- 

 

Die Vorsilbe „Trans-“ ist im Verlauf ihrer langen, bewegten Geschichte Beziehungen zu wechselnden Partnern eingegangen. Der Bogen reicht von „Tradition“ („trans“ + „dare“), „Transzendenz“, „Transparenz“, „Übersetzung“ („translation“), „Übertragung“ („transference“), „Transgression“, „Transformation“ über „Transkulturalität“ und „Transhumanismus“ zu „transnational“, „transversal“, „transsexuell“, „transsektional“ und auch zu einer Zeitschrift namens „Transmodernity“. 

Die historische Konjunktur dieser Vorsilbe zeigt zu keinem Zeitpunkt eindeutig nach oben oder unten. So wirkt zum Beispiel die Berufung auf Tradition ewiggestrig, ist aber unverwüstlich und kommt immer wieder hoch, egal ob die christlichen Werte des Abendlands, der American Creed oder die lokalen Traditionen in von der Globalisierung bedrohten Kulturen verteidigt werden. Dabei steht das Wort „Tradition“ nicht einfach für Rückwärtsgewandtheit, sondern für Bestandspflege, also für die Übertragung von Inhalten aus der fernen Vergangenheit in die vertraute Gegenwart. 

 

Falle der Offenheit

 

Die Botschaft von „Trans-“ besteht insoweit darin, dass sich etwas durchzieht oder durchdringt. Diese Botschaft steckt auch in der Transparenz, die – jedenfalls in der Politik – dem Zweck dient, für Durchsicht und Durchblick zu sorgen. Dabei ging es im 18. Jahrhundert bei Jeremy Bentham vor allem um die ungehinderte Kontrolle der Untertanen in einer Gesellschaft, während heute das Stichwort der gläsernen Regierung für die Kontrolle von unten steht. Wer transparent agiert, vollführt eine Art geistigen Striptease. Manche meinen, diese totale Offenheit stehe im Dienste der Moral. So glaubt Mae, Mitarbeiterin der titelgebenden Firma The Circle in dem dystopischen Roman von Dave Eggers, dass sie ein besserer Mensch werde, wenn sie ihr Leben „transparent“ mache und sich bei jedem ihrer Schritte von zahllosen „Viewern“ beobachten lässt. Das geht schief. 

Eine dynamische Schwester von Tradition und Transparenz ist die Transformation. Hier geht es nicht nur um die Übermittlung von Inhalten, sondern um einen Umbau oder um eine Umformung. Diese Wortverbindung taucht an prominenter Stelle im Titel von Karl Polanyis großem Buch The Great Transformation von 1944 auf, in dem es um die kapitalistische Totalverwandlung der Welt geht, aber man kennt sie auch aus der eher technokratisch operierenden Transformationsforschung in der Soziologie. Manchmal ist bei einer Umformung oder Verwandlung gar nicht klar, wie das Schlussbild aussieht. Dann steht die Vorsilbe „Trans-“ für eine Bewegung ins Offene. Die Wortverbindungen, die dieser Bewegung frönen, sind zurzeit besonders erfolgreich. Drei Beispiele: „Transsexuell“ ist schicker als „bisexuell“, „Transnationalität“ und „Transkulturalität“ haben das Internationale und Interkulturelle ausgestochen, und der „Transhumanismus“ erhält größeren Zulauf als der „Posthumanismus“. Für diese „Trans-“Punktsiege scheint das Versprechen der Öffnung eine Schlüsselrolle zu spielen. Anders als Bisexualität will Transsexualität ein binäres Schema hinter sich lassen. Während die Vorsilbe „Inter-“ Beziehungen zwischen abgeschlossenen Einheiten herstellt, verspricht Trans- deren Überwindung. Und die Transhumanisten wollen nicht nur den Menschen hinter sich lassen, sondern ein Wesen unbegrenzter Möglichkeiten erschaffen. 

 

Zum „overman“ werden

 

Die Mutter dieser Gesten ins Offene ist die Überschreitung oder Transgression, die von Georges Bataille und Michel Foucault gepriesen und betrieben worden ist. Und die Großmutter ist die Überwindung, die Friedrich Nietzsche in die Philosophie eingeführt hat. Er lässt Zarathustra sprechen: „Zehn Mal musst du des Tages dich selber überwinden: das macht eine gute Müdigkeit und ist Mohn der Seele.“ Wer diese Selbstüberwindung praktiziert, ist auf dem besten Weg, ein Übermensch zu werden. Dieser ist von Nietzsche freilich nicht so konzipiert worden, dass er über den Menschen erhaben wäre, sondern soll ebenjenen Menschen bezeichnen, der sich ständig überwindet. In den englischen Nietzsche-Übersetzungen ist man deshalb längst dazu übergegangen, den „Übermenschen“ nicht mehr als „superman“, sondern als „overman“ zu übersetzen. 

Der wichtigste philosophische „Trans-“Begriff ist zweifellos die „Transzendenz“. Er ist deshalb lehrreich, weil hier die Bewegung, die „über“ etwas hinausführt, mal nach oben und mal nach vorn führt. Für die Bewegung nach oben steht die Transzendentalphilosophie Immanuel Kants, in der die Kategorien, die uns bei der Erkenntnis leiten, aufgeklärt werden. Mit der Transzendentalphilosophie haben die Mitglieder des amerikanischen Transzendentalismus, also Ralph Waldo Emerson, Henry David Thoreau und andere, wenig zu tun. Sie befinden sich bei ihrer Überschreitung nicht auf dem Weg nach oben, sondern auf dem Weg nach vorn und nehmen Nietzsches Idee der Selbstüberwindung vorweg. Emerson schreibt 1841: „Das Eine, was wir mit unstillbarem Verlangen suchen, ist, uns selbst zu vergessen und einen neuen Kreis zu ziehen.“ 

Anders als die Vorsilbe „Anti-“ verhakt sich die Vorsilbe „Trans-“ nicht im Gegner, sondern will ihn abschütteln. Wie die Vorsilbe „Re-“, so ist auch Trans- der Aktion oder dem Prozess zugetan. Wer sich daran stört, muss sich an Martin Heidegger halten, der in seiner Spätschrift Zeit und Sein empfohlen hat, beim Umgang mit der „Metaphysik“ „vom Überwinden abzulassen“ und sie „sich selbst zu überlassen“. Diese Empfehlung entspricht dem Wechsel von „Trans-“ zu „Post-“, denn damit wird das – wie auch immer irreführende – Signal gesetzt, man gehe nicht mehr nur über etwas hinaus, sondern erreiche einen Punkt, an dem man alles hinter sich lassen kann. Dagegen bleibt „Trans-“ in Bewegung. •

Aktueller Tabellenplatz: gehört zur Spitzengruppe
Wichtige Leistungsträger: Transzendenz, Transformation, Transgression 
Besondere Eigenschaft: immer in Bewegung 

 

Dieter Thomä ist emeritierter Professor für Philosophie an der Universität St. Gallen und lebt in Berlin. Mitte März erscheint bei Suhrkamp sein Buch „Post-. Nachruf auf eine Vorsilbe“.

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